Wer sich diese Frage schon einmal gestellt hat und versucht, ohne Hilfe aus der Literatur, ohne google, Wikipedia oder ähnliches eine Lösung sozusagen freihändig zu finden, wird vielleicht ganz unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht ziehen.

Würde man z.B. das genaue Volumen der Erde kennen, dazu Ihre durchschnittliche Dichte, könnte man das Gewicht doch angeben? Nur: Das Volumen der Erde mag man ja mit etwas Schulmathematik noch gut schätzen können, aber die Dichte?

So ging es vielleicht auch Henry Cavendish, einem britischen Naturwissenschaftler des 18. Jahrhunderts.

Tatsächlich konnte er durch einen genialen Versuchsaufbau das Gewicht der Erde in sehr guter Näherung bestimmen. Dabei half ihm das von Isaak Newton ein Jahrhundert zuvor entdeckte Gravitationsgesetz.

Um also zu verstehen, wie Cavendish zu seinen Ergebnissen gelangte, begeben wir uns auf einen Exkurs, der uns fast 200 Jahre weiter zurückführt.

Etwa 1618 hatte Johannes Kepler die nach ihm benannten (siehe auch der Artikel <a title=“Shortcuts – Die Keplerschen Gesetze“ href=“https://kepler.scinelion.com/shortcuts-die-keplerschen-gesetze/“ target=“_blank“>hier</a>) Gesetze entdeckt, nach denen sich die Planeten um die Sonne bewegen. Diese fand er rein empirisch, ohne eine Ursache für die mathematisch ästhetischen Zusammenhänge angeben zu können.

Newton hat danach die Kräfte, die zwischen zwei Körpern wirken, in seinem epochalen Gravitationsgesetz formulieren können, das zum einen besagt, dass sich die Gravitationskraft proportional zum Produkt der Massen dieser zwei Körper verhält, zum anderen, dass sie mit zunehmendem Abstand zwischen den Körpern quadratisch abnimmt.

Diese Verhältnismässigkeit zwischen Kraft einerseits und Massen bzw. Abstand andererseits, ist universell (zumindest gibt es keinen Grund, etwas anderes anzunehmen), d.h. man kann mathematisch immer und überall eine Gravitationskonstante annehmen, deren Funktion mathematisch lediglich darin besteht, die Umrechnung aus den Einheiten Quadratmeter (Abstandsquadrat) und Quadratkilogramm (Produkt der zwei Massen) in Newton (für die Gravitationskraft) zu beschreiben.

Wie erkannte Newton diesen Zusammenhang, ohne die Gravitationskraft zwischen, sagen wir einmal z.B. einer Holz- und einer Bleikugel experimentell messen zu können? Denn Gravitation ist Anziehung zwischen beliebigen Körpern, wenn wir sie auch meist im Zusammenhang mit der Erdanziehung betrachten.

Die entscheidende Erkenntnis auf dem Weg zur Vorstellung einer Gravitationskraft ergab sich wohl aus dem schon vorher von Galileo Galilei formulierten Trägheitsprinzip: Ein Körper, auf den keinen äußeren Kräfte einwirken, bewegt sich gleichförmig fort. Deshalb muss man z.B. bei den Planetenbewegungen keine tangential wirkenden Kräfte annehmen, die die Geschwindigkeit erhalten würden, sondern vielmehr zum Zentrum gerichtete, die die Planeten auf eine Elipse um die Sonne zwingen, also nur deren Richtung ändern.

Daraus ergibt sich ein Verdacht, der in seiner Konsequenz entscheidender für das mechanische Verständnis der Welt kaum hätte sein können: Es ist die Sonne selbst, die eine Kraft auf die Planeten ausübt, genauso übt die Erde eine Kraft auf den Mond aus und umgekehrt.

Das Wesen und die Ursache dieser Kraft bleiben dabei im Dunkeln, seit Newton nicht aber mehr ihre Berechenbarkeit:

Die einfache Formel F = G × (m1×m2)/r<sup>2</sup> , deren Herleitung aus einerseits dem 3. Keplerschen Gesetz und andererseits der Annahme, dass die Gravitation einer zum Zentrum des Körpers gerichteten Zentripetalkraft entspricht, gelingt, ermöglichte es Cavendish wiederum, die Gravitationskonstante G experimentell zu bestimmen.

Dabei maß er nämlich über den eleganten Umweg der schwachen Verdrehung eines frei aufgehängten Fadens die zwischen zwei Kugeln wirkende Gravitationskraft F (siehe Foto), aus der er wiederum G berechnen konnte.

Kennt man nun wiederum G, also die Gravitationskonstante, so kann man über Auflösen der Formel nach m<sub>1 </sub>(für die Masse der Erde) und der Kenntnis des Erdradius (der ja für z.B. ein in Erdnähe befindliches Gewicht dessen Abstand zur Erde als Massepunkt gleichkommt) die Masse der Erde bestimmen.

Wenn also die auf ein Kilogramm wirkende Gravitationskraft (nach F = m ×g ) auf der Erde mit 9,81 Newton angenommen wird, und die von Cavendish bestimmte Gravitationskonstante etwa 6, 7 x 10<sup>-11</sup> m<sup>3</sup>/(kg×s<sup>2</sup> ) beträgt, erhält man durch Einsetzen eine Erdmasse von ca. 6 × 10<sup>24</sup> kg.

Ganz schön schwer?

Was heute mathematisch betrachtet so leicht anmutet, ist Frucht vieler Irrtümer, genialer Erkenntnisse und enormer Geduld und Ausdauer vieler einzelner Köpfe. Mit einiger Ehrfurcht stehen wir also auf den Schultern von Giganten, staunend, wie der Mensch durch Nachdenken dem Universum nach und nach seine Geheimnisse entlockt.