Auf der Insel Ven in Südschweden kann man die Relikte einer Blütezeit der Astronomie bestaunen: Im 16. Jahrhundert lebte und wirkte hier der exzentrische dänische Wissenschaftler Tycho Brahe.
Schon in jungen Jahren gehörte der Astronomie seine Leidenschaft, die dennoch mit anderen Disziplinen wie Chemie, Medizin, Kartographie oder Jura geteilt werden musste, die er unter anderem in deutschen Städten wie Leipzig, Rostock oder Wittenberg studierte.
Nicht zuletzt aufgrund seiner außergewöhnlichen Beobachtungsgabe und seinem Talent bei der Konstruktion neuer Messinstrumente wurde der Entdecker einer Supernova in Europa von den angesehensten wissenschaftlichen Universitäten umworben.
Vom dänischen König großzügig mit Land und Geld bedacht, richtete der vom dänischen Hochadel abstammende Brahe jedoch auf Ven sein persönliches wissenschaftliches Paradies ein und öffnete die Tore gleichzeitig der internationalen Gemeinschaft an Sternenkundlern. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts galt Ven als das Mekka der Astronomie, etwas das man der kleinen Insel, die heute vor allem für Landwirtschaft, Tourismus, Kunsthandwerk und Golfplätze Raum bietet, nicht einmal auf den zweiten Blick anmerkt. Einzig das kleine Tycho Brahe Museum gibt Kunde von der goldenen Zeit für die Wissenschaft.
Als Erfinder zahlreicher astronomischer Werkzeuge, die noch ohne Linsen auskamen, drang er in Bereiche der Messgenauigkeit vor, die zur damaligen Zeit ohne Vergleich waren und auch heute noch erstaunen.
So konnte er zum Beispiel die Position und Bewegung der Sterne und Planeten mit einer bis zu hundertfach größeren Genauigkeit als vormals möglich bestimmen.
Nach der Auswertung früher Messungen sah er sich genötigt, das vorherrschende ptolemäische Weltbild aufzugeben. Im Unterschied zu Kopernikus nahm er anfangs jedoch noch an, die Erde ruhe im Mittelpunkt einer Welt, in der sich die Planeten um die Sonne drehen würden. Später fand er immer mehr Hinweise für die prinzipielle Richtigkeit der kopernikanischen Ansichten, blieb aufgrund von philosophischen und religiösen Voreingenommenheiten jedoch skeptisch.
Die mit der kopernikanischen Wende einhergehende Exzentrik der Mutter Erde wurde allgemein als Auflösung gesellschaftlicher und biblischer Ordnungen angesehen. Die spürbare anthropologische Kränkung hat insofern auch nicht vor dem großen Astronomen Brahe haltgemacht. Dennoch zeugt die Vita des Keplerschen Lehrmeisters von einem unkonventionellen und fortschrittlichen Geist.
So heiratete er beispielsweise entgegen den gesellschaftlichen Regeln eine Bürgerliche und, für die damalige Zeit völlig unüblich, beteiligte seine Schwester Sophie Brahe an astronomischen Messungen, förderte sie in unterschiedlichen Bereichen und betrachtete sie als ebenbürtiges intellektuelles Gegenüber.