„Photosynthese – wie war das nochmal?“

Es gibt viele Gründe, um sich für Photosynthese zu interessieren: Vielleicht nimmst Du das Thema gerade in der Schule durch? Oder Du willst das, was Du einmal im Biologieunterricht gelernt hast, wieder auffrischen. Möglicherweise hast Du einfach nur den Wunsch, einmal  so richtig zu verstehen , wie Licht in Pflanzen zu Wachstum führt.

Dann ist dieser Artikel genau richtig für Dich.

Vielleicht hast Du Dich nämlich auch schon einmal gefragt:

Warum ist eine Pflanze so wie sie ist?

Um uns der Antwort zu nähern betrachten wir die Photosynthese hier einmal aus einem etwas anderen Blickwinkel:

1) Photosynthese ist die Spaltung von Wasser durch Licht

Was? Klingt merkwürdig, oder? Aber eins nach dem anderen.

In der Schule lernt man meistens erst einmal, dass aus Lichtenergie, Wasser und Kohlendioxid durch Photosynthese Zucker und Sauerstoff gemacht werden.

Das ist unterm Strich auch richtig, aber wir beginnen einmal etwas anders:

Wenn man auf einem Planeten lebt, der wie die Erde von riesigen Mengen an Lichtenergie getroffen wird, ist es sicher eine gute Idee, diese Energie für den Aufbau von Molekülen zu nutzen. Bevor das durch Evolution von Lebewesen möglich war, mussten Organismen (z.B. Bakterien) nämlich auf anorganische Substanzen wie zum Beispiel Eisensulfid oder anderes als Energieform zurückgreifen.

Wie aber kann man Sonnenenergie nutzen, um daraus Zellen aufzubauen? Nun, zum Beispiel indem man es irgendwie schafft, aus dem in der Atmosphäre vorhandenen Kohlendioxid längerkettige Kohlenstoffgerüste herzustellen. Daraus besteht nämlich so ziemlich alles in einer Zelle.

Genau darum geht es also bei der Photosynthese: Um den Aufbau von Ketten (Zucker sind zum Beispiel solche Ketten bzw. Ringe aus Kohlenstoff) aus einzelnen Kettengliedern (z.B. aus Kohlendioxid).

So weit, so gut. Wie aber macht man das? Und was braucht man dafür?

Die Antwort ist recht einfach: Man braucht eine Energieform und eine Maschinerie, die es erlauben, Kohlendioxid in eine Kohlenstoffkette einzubauen.

Das Sonnenlicht selbst hilft dabei erst einmal nicht: Wenn Photonen, also Lichtpartikel, auf Kohlendioxid treffen, passiert: nichts. Jedenfalls nichts, das bei der Synthese von Kohlenstoffketten hilfreich wäre. In der Luft wird bei Sonnenschein also nicht einfach etwas aufgebaut.

Um chemische Bindungen zu knüpfen, braucht man nämlich mindestens zwei Sachen: erstens günstige Umstände und zweitens etwas, das oft als „Reduktionskraft“ beschrieben wird. Was ist damit gemeint?

Günstige Umstände heißt hier nichts anderes, als dass eine chemische Reaktion tatsächlich von selbst ablaufen kann. Das ist im Grunde eine Sache der Wahrscheinlichkeit.

Ein Kartenhaus stürzt beispielsweise fast von selbst ein. Die Umstände sind also günstig, das genau das passiert.

Umgekehrt ist es mehr als unwahrscheinlich, das sich ein eingestürztes Kartenhaus durch Wind wieder von selbst aufbaut, oder? Deshalb haben chemische Reaktionen sozusagen eine Richtung, das heisst, sie folgen einem Weg, bei dem die Unordnung in der Summe zunimmt.

Das gilt nicht nur für Küchen oder Kinderzimmer, sondern für das gesamte Universum. Der berühmte Wärmetod des Weltalls ist am Ende also einfach der wahrscheinlichste Zustand.

Wie kann es dann überhaupt Ordnung geben? Nun, indem die Ordnung im Kleinen mit größerer Unordnung im Großen bezahlt wird.

In der Natur wird also jede Vergrößerung von Ordnung, also beispielsweise die Synthese eines Eiweißmoleküls aus einzelnen Aminosäure-Bausteinen in einer Zelle mit einer Vergrößerung an Unordnung, nämlich mehr Wärme im Weltall bezahlt.

Macht aber erstmal nichts, denn letzteres ist ja bekanntlich riesengroß und wir haben sicher noch ein paar Milliarden Jahre Zeit,  bis alles schön gleichmässig warm ist.

Zurück zur Photosynthese:

Wir haben gesagt, dass man, um Kohlenstoffketten aufzubauen, „günstige Umstände“ braucht und nicht einfach nur Sonnenlicht.

Man muss also irgendwie diesen Aufbau von Ordnung mit Unordnung bezahlen.

Die Währung, also das „Bezahlen“ dabei ist nichts anderes als eine Reaktion, die freiwillig und unter Freiwerden von Wärme abläuft (wenn man beispielsweise einen Ball einen Hang hinunterrollen lässt oder Benzin verbrennt).

Wenn man die dann mit einer nicht freiwillig ablaufenden Reaktion (hier also dem Aufbau von Kohlenstoffketten) koppelt, kann man die eigentlich nicht freiwillig ablaufende Reaktion erzwingen!

Das also ist mit „günstige Umstände“ gemeint: Die Kopplung einer freiwillig ablaufenden mit einer nur unfreiwillig ablaufenden Reaktion.

Und jetzt aufgepasst: Die oben beschriebene „Währung“ ist in lebenden Zellen ein Molekül, das so gut wie alles antreiben kann: Adenosintriphosphat, kurz ATP!

ATP ist also ein Brennstoff: wenn es mit Wasser reagiert, kann dabei in der Zelle Arbeit (also zum Beipiel als Bewegung oder als Aufbau von etwas) verrichtet werden.

Halten wir einmal fest: Um Ordnung in der Pflanzenzelle zu vergrössern (also beispielsweise um Moleküle für die nächste Zellteilung aufzubauen), braucht man den Brennstoff ATP. Wir werden später noch sehen, wie die Photosynthese genau dieses ATP erzeugen kann.

In vielen Fällen braucht man aber neben dieser Energieform (genauer müsste man sagen, neben dieser Erzeugung von Ordnung im Kleinen und Unordnung im Großen) aber noch Elektronen, um neue Bindungen zu knüpfen. Jetzt kommt also die oben beschriebene Reduktionskraft ins Spiel.

Was ist „Reduktionskraft“?

Die Reduktionskraft beschreibt die Bereitschaft eines Stoffes, Elektronen abzugeben. Manche Stoffe geben sehr leicht Elektronen ab, zum Beispiel Eisen. Es rostet dann. Andere Stoffe (z.B. Gold) geben so gut wie nie Elektronen ab, vielmehr nehmen Sie gegenüber anderen Stoffen leicht Elektronen auf. Solche und andere „Edelmetalle“ rosten deshalb auch nicht bzw. nur unter ganz besonderen Umständen.

Die Elektronen eines Stoffes werden auch leichter abgegeben, wenn sie durch andere Energien (z.B. Licht) angeregt werden. Sie gelangen dann in einen Zustand, aus dem sie sich von ihrem ursprünglichen Atom trennen und auf ein anderes Atom übergehen können.

Und jetzt kommt´s:

Genau das passiert, wenn bei der Photosynthese Licht auf Wasser trifft: Die Elektronen des Wassers werden nämlich auf andere Moleküle in den grünen Chloroplasten übertragen. Dabei wird aus Wasser: Sauerstoff!

Das passiert nicht einfach so, sondern erfordert eine komplizierte Maschinerie in der Zelle. Vielleicht verstehst Du jetzt aber, warum man sagen kann, Photosynthese sei die Spaltung von Wasser durch Licht!

Machen wir uns nochmal klar, was das Ganze soll:

  • Um Verbindungen aufzubauen, also zu wachsen, braucht man erstens einen Brennstoff, der dabei hilft, unwahrscheinliche Reaktionen möglich zu machen: In der Zelle ist das ATP. Alle Energie, die in Form von ATP gespeichert ist, stammt letztlich (wir sehen mal von bestimmten Bakterien ab, die aus Mineralien Energie gewinnen können) von der Sonne.
  • Weiterhin braucht man: Reduktionskraft, um Elektronen zu übertragen, also neue Bindungen zwischen Atomen zu knüpfen.
  • Beides, also ATP und Reduktionskraft, wird in Pflanzen durch die Photosynthese gebildet, indem Licht Elektronen auf ein höheres Energieniveau anhebt. Das geht nicht von selbst, sondern braucht u.a. das, was Pflanzen grün macht: Chlorophyll!
  • Bei der Spaltung von Wasser durch Licht wird Strom gewonnen: Chloroplasten sind also sozusagen Maschinen, die aus Licht Strom erzeugen.

Hast Du schon mal darüber nachgedacht, was eine Solarzelle auf dem Dach eines Hauses macht? Sie erzeugt aus Sonnenlicht Strom! Solarzellen sehen nicht besonders hübsch aus und erinnern auch nicht gerade an Pflanzen, aber tatsächlich macht ein Blatt im Sonnenlicht etwas sehr ähnliches: Es erzeugt Strom (nämlich den Fluß von Elektronen), der zur Verrichtung von Arbeit oder zum Laden von Batterien (die sehen in der Zelle natürlich etwas anders aus) genutzt werden kann.

Der Grund, warum Wälder und Wiesen so grün sind, ist, wie Du bestimmt schon weisst, dass ein Molekül (das Chlorophyll) in den Blättern bestimmte Anteile des weißen Sonnenlichts aufnehmen kann. Was aber ist ein Molekül, das nur Teile des weißen Lichts aufnimmt? Ein Farbstoff!

Der Teil des Lichts nämlich, der vom Chlorophyll nicht aufgenommen, sondern wieder zurückgeworfen wird, ist: Grün!

Warum ist das so? Könnte nicht das gesamte Farbspektrum des Lichts von Pflanzen aufgenommen werden? Solche Blätter wären tatsächlich für unsere Augen schwarz und es spricht prinzipiell nichts dagegen, dass es so etwas in der Natur geben könnte. Offenbar hat sich aber das System, so wie es Pflanzen heuzutage nutzen, zu einem frühen Zeitpunkt der Evolution entwickelt, bei der insbesondere der rote und blaue Teil des Lichts genutzt werden. Das Chlorophyllmolekül ist insofern vielleicht nicht ideal, aber völlig ausreichend. Bestimmte Algenarten nutzen übrigens Moleküle, die genau in diesen „Lücken“ Licht absorbieren können.

Wir haben anfangs davon gesprochen, dass Brennstoff und Reduktionskraft die zwei wesentlichen Elemente zur Entstehung von Wachstum sind.

Wir haben auch behauptet, dass die Reduktionskraft durch Licht erzeugt wird, welches Elektronen auf ein höheres Energieniveau anhebt. Was macht der Strom in dieser Geschichte? Nun, er fließt. Und so wie ein Fluss immer talwärts fließt, tun das auch die angeregten Elektronen: Nach unten, also auf ein weniger stark angeregtes Niveau. Dabei verrichten sie wiegesagt Arbeit, so wie man zum Beispiel mit einem Fluss eine Wassermühle antreiben kann.

Wir werden hier erst einmal nicht näher darauf eingehen, welche komplizierten Moleküle bei diesen Vorgängen beteiligt sind: Genauso wie es wichtiger ist, das Prinzip einer Solarzelle zu verstehen als ihre genaue chemische Zusammensetzung zu kennen, hast Du mit dem Gelesenen alles Wesentliche , was Du brauchst, um zu verstehen, wie aus Sonnenlicht zum Beispiel Holz werden kann.

Aber, Moment: Ist das schon alles?

Beileibe nicht, denn was wir bislang besprochen haben, wird oft mit „Lichtreaktion“ beschrieben, um es von einem anderen Mechanismus der Photosynthese, der sogenannten „Dunkelreaktion“ zu unterscheiden.

2) Mit Strom kann man auch im Dunkeln arbeiten?

Die sogenannte „Lichtreaktion“ ist in der Tat lichtabhängig. Wenn man zum Beispiel ein Pflanzenblatt verdunkelt, wird sofort kein Sauerstoff mehr aus Wasser erzeugt.  Trotzdem kann die in Form von ATP und Reduktionskraft (also angeregte Elektronen) gespeicherte Energie für den Aufbau von Molekülketten eingesetzt werden. Das Ganze funktioniert also (zumindest theoretisch) auch im Dunkeln (deshalb „Dunkelreaktion“), was aber nicht heißt, dass es dazu dunkel sein MUSS! Dazu gleich mehr.

Worum geht es bei der Dunkelreaktion?

Hier passiert etwas Erstaunliches: Ein Gas wird in Feststoffe verwandelt. Also wird sozusagen aus der Luft festes Material erzeugt. Ein Vorgang, der auch heute noch selbst für komplizierte Verfahren und Maschinen eine gewaltige Herausforderung (-> siehe z.B. Haber-Bosch-Verfahren) darstellt. Das Gas, das wir alle kennen, ist natürlich Kohlendioxid. Wir atmen es ständig aus (und ein).

Bei der Dunkelreaktion schafft es eine Pflanzenzelle nun, dieses gasförmige Kohlendioxid in eine Kohlenstoffkette einzubauen, es sozusagen zu „fixieren“ und zum Teil eines Feststoffs (beispielsweise Zucker) zu machen. Letztlich stammt also also der gesamte Kohlenstoff, der sich in den Zuckern, Eiweißen oder Fetten eines (z.B. Deines!) Körpers befindet,  aus dem Kohlendioxid der Luft.

Der Vorgang ist zwar im Detail außerordentlich kompliziert (und wird nach seinen Entdeckern „Calvin-Benson-Zyklus“ genannt, er wird Dir, wenn Du etwas über Photosynthese liest, überall begegnen) , aber der für das Verständnis wesentliche Schritt wird dabei von nur einem, allerdings sehr erstaunlichen Molekül bewältigt, einem Enzym, das den langen Namen „ Ribulose-1,5-bisphosphat-carboxylase/-oxigenase“ trägt und gerne mit „RuBisCO“ abgekürzt wird.

Erstaunlich aus mehreren Gründen: Zum einen ist es das am häufigsten auf der Erde vorkommende wasserlösliche Protein, zum anderen kann es wiegesagt ein Gas in einen Feststoff einbauen. Vor alllem aber kann man aus heutiger Sicht sagen, dass es enorm unterschätzt wurde, und zwar von gerade den Forschern, die es anfangs untersuchten.

Wie kam das? Nun, man hat schon bald nach der Entdeckung der RuBisCO festgestellt, dass das Enzym ein erstaunlich schlechter Katalysator für die Fixierung des Kohlendioxids war: Enzyme beschleunigen ja chemische Reaktionen und die RuBisCO kann das scheinbar nicht besonders gut. Gleichzeitig und um es noch schlimmer zu machen, fixiert sie zu einem erheblichen Teil auch noch Sauerstoff statt Kohlendioxid! Merkwürdig, oder? Diesen Vorgang nennt man auch „Photorespiration“, also sozusagen „lichtabhängige Atmung“. Gerade erst haben die Pflanzen Sauerstoff produziert, da verbrauchen sie ihn direkt wieder? Welchen Sinn soll das denn bitteschön ergeben?

In der Tat scheint dieser Vorgang enorm verschwenderisch. Aus heutiger Sicht versteht man das am besten, wenn man annimmt, dass die RuBisCO zu einer Zeit entstanden und evolutiv optimiert worden ist, als die Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre vergleichsweise gering war.

Offenbar scheint der Preis dieser Verschwendung für viele Pflanzen tolerierbar, andere haben Mechanismen entwickelt, um diesen Nachteil bei sauerstoffreicher Atmosphäre durch einige biochemische Tricks wieder auszugleichen.  Solche Pflanzen nennt man „C4-Pflanzen“ oder „CAM-Pflanzen“, je nachdem, welche biochemischen Wege die Pflanzen eingeschlagen haben.

Man stellt also hier, wie übrigens an vielen Stellen in der Natur fest, dass die Phänomene Ausdruck ihrer Geschichte und mitnichten ideal (also so, wie ein Ingenieur mit hinreichendem Wissen sie vielleicht konstruiert hätte) funktionieren. Sie sind häufig ein Kompromiss, der gemacht werden muss, wenn ein Weg einmal eingeschlagen wurde und sich die Verhältnisse ändern.  Um ein entsprechendes Bild zu wählen: Man kommt eben auch mit einem gebrauchten und etwas notdürftig zusammengeflickten Auto an, wenn auch vielleicht etwas langsamer.

Verrückte Welt: Die Dunkelreaktion kann nur im Hellen stattfinden!

Während ganze Generationen von Schülern brav gelernt haben, dass die beschriebene „Dunkelreaktion“ im Dunkeln stattfinden kann (oder gar muss?!?), weiß man inzwischen, dass das Gegenteil der Fall ist: Vielmehr funktioniert der Calvin-Zyklus im Dunkeln oder nachts gar nicht, u.a. weil die Aktivität der dafür notwendigen Enzyme von der in der Lichtreaktion gewonnenen Reduktionskraft abhängig ist!

Im Reagenzglas funktionieren einzelne Schritte des Zyklus sehr wohl auch ohne Licht: dann nämlich, wenn man die Reduktionskraft in Form eines gelösten Salzes (namens NADPH, aber das ist für den Moment gar nicht so wichtig) einfach hinzugibt.

Was lernen wir daraus? Forschung ist immer in Bewegung und das, was gestern noch galt, stimmt schon heut oder morgen nicht mehr (frei nach Hannes Wader).

Alles schwingt!

Wir wollen uns jetzt einem sozusagen anatomischen Teil der Photosynthese zuwenden, denn wir haben schon Folgendes verstanden:

  • Wasser wird mithilfe der Photosynthese durch Licht gespalten. Es entsteht Sauerstoff (den wir atmen!), Wasserstoff (dessen Elektronen als Reduktionskraft für die Synthese von Kohlenstoffketten zur Verfügung steht) und ATP (als eine Art universelle Energie-Währung).
  • In einem folgenden Schritt wird Kohlendioxid von einem Enzym, der RuBisCO, in bereits bestehende Kohlenstoffketten eingebaut. Auch hierbei ist Licht, anders als der Name „Dunkelreaktion“ vermuten lässt, notwendig.
  • Damit haben wir verstanden, was notwendig ist, um aus Sonnenlicht etwas zu machen, das wächst!
  • Wir haben Chlorophyll als Farbstoff etwas besser verstanden, der Licht einfangen und irgendwie diese Energie in Form von Reduktionskraft und ATP weitergeben kann.

Wie sieht das aber eigentlich in der Pflanzenzelle genauer aus, wenn aus Licht eine andere Energieform (Du erinnerst Dich an die Solarzelle?) wird?

Keine Angst, jetzt kommen keine komplizierten Formeln. Dir wird aber klarwerden, was die Prinzipien bei der Umwandlung von Licht in eine andere Energieform sind.

Wir können nämlich qualitativ verstehen, was bei der Anregung eines Chlorophyllmoleküls passiert:

Dabei hilft uns ein Beispiel aus der Musik: Vielleicht hast Du schon mal von dem Phänomen der Resonanz gehört? Hierbei geht es um Schwingungen, Schwingungen, in die Luft versetzt wird, zum Beispiel wenn eine Gitarrensaite angeschlagen wird und dann hin-und herschwingt. Dabei überträgt sich die Schwingung von der Saite auf die Luft, die dann wiederum Dein Trommelfell im Ohr schwingen lässt, wo das Ganze vom Gehirn dann als Ton wahrgenommen wird.

Schwingungen können sich also praktischerweise von einem System auf ein anderes übertragen. Dazu muss dieses System aber selbst auch schwingen können! Solche Systeme besitzen eine sogenannte „Eigenschwingung“, also wenn man sie einmal anstößt, schwingen sie mit einer typischen Frequenz (beispielsweise eine Schaukel).

Resonanz tritt auf, wenn man dieses System nun mit seiner Eigenfrequenz anregt, also wenn man die Schaukel genau in dem Rhythmus anstößt, in dem sie nach einmaligem Anstoßen schon von selbst schwingen würde. Dann schlägt das Schaukelsystem nämlich viel stärker aus als mit jeder anderen Anregungsfrequenz. Deshalb braucht man auch nicht besonders viel Kraft, um einen dicken Menschen auf einer Schaukel nach oben zu bringen: Einfach immer im Schaukelrhythmus ein bisschen anstupsen!

Wir kommen  nochmal auf die Gitarrensaite zurück. Für die gilt nämlich das gleiche: wenn man, sagen wir mal mit einer Tuba, einen Ton (also eine Luftschwingung) erzeugt, der die gleiche Frequenz (also denselben Ton, beispielsweise ein tiefes A) wie die Eigenschwingung der Gitarrensaite hat, wird die Gitarrensaite ohne unser Zutun beginnen, mit Ihrer Eigenschwingung zu schwingen. Sie schnarrt dann wahrscheinlich und erzeugt selbst ein tiefes A.

Was hat das alles mit der Photosynthese zu tun?

Nun, hier ist es genauso: Auch Photonen („Lichtteilchen“) und Elektronen schwingen! Wie Du ja wahrscheinlich  weisst, hat einfarbiges Licht zum Beispiel eine ganz bestimmte Frequenz. Auch die Elektronen haben eine, abhängig davon, wo und in welchem Molekül sie sich befinden.

Die Elektronen des Chlorophylls werden nun aufgrund der physikalisch-chemischen Eigenschaften (auf die wir hier aber nicht eingehen: wenn Du mehr wissen willst, lies etwas über „konjugierte Doppelbindungen“) eben dieses Chlorophyllmoleküls von Licht einer bestimmten Wellenlänge (und damit auch Frequenz) angeregt, zu schwingen. Nämlich, wie wir schon gesehen haben, von blauem und roten Licht.

Ähnlich wie man das dicke Kind auf der Schaukel in die nächste Baumkrone  (Nein! Nicht nachmachen!) befördern könnte, indem man mit der Eigenfrequenz der Schaukel ordentlich weiterstupst, können auch Elektronen durch Licht auf eine physikalisch höhere Ebene gelangen. Sie entfernen sich dabei tatsächlich auch vom Zentrum des Atoms.

Von „dort oben“ können sie nun zu Orten „springen“, die Ihnen vorher nicht zugänglich waren.

Das ist genau das, was passiert, wenn wir davon sprechen, dass „Reduktionskraft“ erzeugt wurde. Sie wäre, im Bild gesprochen, mit jemandem vergleichbar, der durch die Schaukel auf den Baum gebracht wurde und nun mit ordentlich Wums auf eine Wippe am Boden springen kann, wo das nächste Kind dann (Nein! Auch nicht nachmachen!) als Rakete in die Luft schießt.

Sehr praktisch:  Lichtenergie-Trichter

Wie muss man sich das eigentlich vorstellen, wird jedes Lichtteilchen tatsächlich sofort in eine andere Energieform  überführt?

Wir begegnen hier einem interessanten Mechanismus, der dazu dient, Licht einzufangen und innerhalb der Pflanzenzellen von A nach B zu transportieren. Dabei besitzen Pflanzen etwas, das entfernt an einen Trichter, man könnte sogar sagen, an eine Falle erinnert. Eine Lichtfalle!

So werden Photonen, also Lichtteilchen verschiedener Farben von unterschiedlichen Farbstoffen „gefangen“, neben Chlorophyll kommen hier z.B. sogenannte Carotinoide (klingt nicht nur so, sondern gibt der Karotte tatsächlich auch ihr charakteristisch oranges Aussehen) vor.

Diese Farbstoffe wirken sozusagen als Antennen, sie absorbieren die Photonen und geben dann den angeregten Zustand ihrer Elektronen an benachbarte Moleküle weiter. Das geschieht solange, bis sie bei einem Chlorophylmolekülpaar im sogenannten „Reaktionszentrum“ landen, das dann die ursprüngliche Energie des eingefangenen Photons konserviert, indem es seine eigenen Elektronen (und nicht nur den Anregungszustand)  irreversibel auf ein anderes Molekül überträgt.

Der tiefere Sinn dieser Lichtfalle besteht also zum einen  darin, Licht mit einem etwas größeren Spektrum als durch Chlorophyll allein einfangen zu können, zum anderen kann eine viel größere Fläche benutzt werden, um die Photonen der begrenzten Anzahl von Reaktionszentren zuzuführen.

Du kannst das am besten verstehen, wenn Du Dir vorstellst, was passiert, wenn man im Regen ein Tuch aufspannt und in seine Mitte einen kleinen Stein legt. Wo landet wohl das meiste Wasser?!

Zum Schluss:

So, das war ja ganz schön viel Stoff. Deshalb wiederholen wir jetzt nochmal das Wichtigste in sinnvoller Reihenfolge:

  • Licht wird von Pflanzenblättern durch eine Art Lichtfalle gesammelt. Die Energie der Lichtteilchen dient dazu, Elektronen anzuregen. Diese Elektronen werden dann an einen Ort weitergeleitet, an dem sie stabil als Reduktionskraft zur Verfügung stehen.
  • Durch die Reduktionskraft kann Kohlendioxid mithilfe von Enzymen und ATP (dem „Brennstoff“) in Kohlenstoffketten eingebaut werden. Also: Licht ermöglicht die Vermehrung von Biomasse = Wachstum!
  • Die Elektronenlücke, die durch die Weitergabe der angeregten Elektronen im Chlorophyll entstanden ist, wird durch Elektronen aus dem Wasser wieder aufgefüllt. Dabei entsteht Sauerstoff als Abfallprodukt der photosynthetischen Spaltung von Wasser!

Du hast jetzt die wesentlichen Mechanismen der Photosynthese verstanden und kannst wirklich mitreden!  Dazu brauchst Du erst einmal überhaupt keine chemischen Formeln auswendig lernen.

Natürlich sind die Details dieser Mechanismen hochinteressant! Sie ergeben aber vor allem dann einen Sinn, wenn Du das Wesen der Photosynthese erfasst hast. Lernt man zum Beispiel den Calvin-Benson-Zyklus einfach nur stur auswendig, ist man schnell verloren, wenn es darum geht, die Schönheit und Bedeutung dieser Vorgänge zu erkennen.

Wenn Du dieses Wissen nämlich nicht mit einem Aha!-Erlebnis verknüpfst, wirst Du es nach kurzer Zeit vollständig vergessen haben, wetten?

Wir hoffen, dieser Artikel hat Dir ein wenig dabei geholfen, dass Du auch noch in einem Jahr sagen kannst: “Ich hab verstanden, worum es bei der Photosynthese eigentlich geht!“

Herzliche Grüße,

Dein Team von Kepler-Magazin